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Das beste Marathondebüt aller Zeiten

Paula Radcliffe stand als Kind als Zuschauerin in London an der Strecke, um ihren Vater anzufeuern, nun gewann sie das Rennen in Europarekordzeit

16.04.2002

Amerikas neue Marathonhoffnung, Deena Drossin, die in Dublin vor drei Wochen bei der Cross-WM hinter Paula Radcliffe Silber gewonnen hatte, hatte es geahnt. Die US-Amerikanerin sagte damals: „Paula Radcliffes Marathon-Debüt wird ein unglaubliches – sie hört nicht auf, mich zu überraschen.“ Am Sonntag überraschte Paula Radcliffe dann in der Tat mit ihrem Lauf bei idealen Witterungsbedingungen in London in 2:18:56 Stunden.

Knapp 20 Jahre ist es her, als die kleine Paula Radcliffe beim London-Marathon an der Strecke stand. Sie bewunderte damals ein Vorbild: Die Norwegerin Ingrid Kristiansen, die das Rennen insgesamt viermal gewann und 1985 in der britischen Metropole in 2:21:06 Stunden eine Weltbestzeit aufgestellt hatte. Dass Paula Radcliffe damals Interesse am Laufsport fand und den London-Marathon als Zuschauerin erlebte, hat sie ihrem Vater zu verdanken. Er startete zweimal beim London-Marathon. „Das hat mich interessiert. Wir sind damals mit ihm nach London gereist. Dann sind wir mit der U-Bahn zu verschiedenen Streckenpunkten gefahren und haben ihn mit Getränken versorgt“, erinnert sich Paula Radcliffe. „Wenn ich einmal älter wäre, hat mir mein Vater damals gesagt, dann könnte ich das auch versuchen.“ Am Sonntag war es soweit – wenn auch zehn Jahre später als früher einmal gedacht. Die zuletzt beste europäische 10.000-m-Läuferin gab mit 28 Jahren ihr Marathondebüt. Und es war das beste, das bisher von einer Frau gelaufen wurde. Mit 2:18:56 Stunden rannte die Engländerin aus Loughborough die zweitschnellste Zeit aller Zeiten, verpasste die Weltbestzeit der Kenianerin Catherina Ndereba lediglich um neun Sekunden und blieb als erste Debütantin unter 2:20 Stunden. Und noch etwas erreichte Paula Radcliffe: sie verbesserte den Europa- und den Streckenrekord ihres früheren Idols Ingrid Kristiansen.

In den Augen der Organisatoren des London-Marathons war Radcliffes Zeit sogar eine Weltbestleistung, denn bei den Läufen in Berlin und Chicago starten Männer und Frauen gemeinsam. Seit einigen Jahren lassen die Londoner die Frauen vor den Männern starten, so dass sie nicht von Männern als Tempomacher profitieren können. Die schnellste Zeit in einem reinen Frauenrennen war bislang die Japanerin Eri Yamaguchi gelaufen, die 1999 in Tokio 2:22:12 Stunden erreichte. Die IAAF erkennt zwar nur die Zeiten der gemischten Rennen an, doch finanziell hat sich die Londoner Ausnahmeregelung für Paula Radcliffe kräftig gelohnt. Sie kassiert für ihre Leistung nämlich insgesamt gut 250.000 Euro, darunter 140.000 für die vermeintliche Weltbestzeit.

Zur IAAF-gelisteten Weltbestzeit fehlten jedoch neun Sekunden. „Ich bekam erst bei 25 Meilen mit, dass ich unter 2:20 laufen kann. Dann habe ich alles versucht, aber es reichte nicht mehr zum Weltrekord. Das Problem war auch, dass die Uhr des vorausfahrenden Fahrzeugs ausgefallen war, so dass ich nicht wusste, dass ich so schnell war und so dicht dran. Es war dumm, dass ich nicht auf meine eigene Stoppuhr geschaut habe“, erzählte Paula Radcliffe. „Vielleicht wäre der Weltrekord möglich gewesen, aber vielleicht wäre ich auch eingebrochen, wenn ich die erste Hälfte noch schneller angegangen wäre. Der Weltrekord, das ist etwas für einen anderen Tag. Mit diesem Ziel muss man von vornherein in das Rennen gehen.“

Es war zu der Zeit, als sie das erste Mal beim London-Marathon war, als sie in der Schule mit der Leichtathletik begann. Als Elfjährige trat sie dem Verein Bedford & County bei. Für diesen Klub startet Paula Radcliffe heute noch, und ihre Trainer sind seit ihrer Kindheit die gleichen geblieben: Alexander und Rosemary Stanton. Als Betreuer hinzugekommen ist später ihr heutiger Ehemann, Gary Lough. Den früheren 1500-m-Läufer, der bei der WM in Göteburg Neunter war, hatte sie an der Universität in Loughborough kennen gelernt. Diese Uni, an der Paula Radcliffe Französisch und Deutsch studierte, besuchten in der Vergangenheit eine Reihe von britischen Laufstars: beispielsweise Sebastian Coe und David Moorcroft.

„Ich habe mich schon früher Jahr für Jahr verbessert – so wie heute noch“, erzählt Paula Radcliffe von einer gleichmäßigen Leistungsentwicklung. Die WM in Stuttgart 1993 war für sie die erste große internationale Meisterschaft im Sommer. Damals wurde Paula Radcliffe Siebente in jenem 3000-m-Finale, in dem die Chinesinnen von „Ma’s Armee“ alle Medaillen gewannen. „Es gibt ein schlechtes Gefühl, aber wir können nichts beweisen“, sagt Paula Radcliffe zu den Dopingspekulationen über die Chinesinnen. Die engagierte Anti-Doping-Kämpferin – sie hielt bei der WM in Edmonton 2001 nach dem Skandal um die positiv getestete, aber aufgrund eines Formfehlers freigelassene Olga Jegorowa (Russland) während des 5000-m-Finals ein Schild mit der Aufschrift „Epo cheats out“ (Epo-Betrüger raus) in die Höhe – unterstützt die Bluttest-Initiative der großen Marathonveranstalter. In London wurden etliche Athleten in den Tagen vor dem Start kontrolliert. „Erstens kann der Athlet damit beweisen, dass er sauber ist, zweitens weiß man als Athlet, dass die Gegner sauber sind, und drittens sehen die Zuschauer einen sauberen und fairen Sport“, sagt Paula Radcliffe.

Vielleicht hat Paula Radcliffe, die in den französischen Pyrenäen ein Apartment besitzt und hauptsächlich dort trainiert, am Sonntag die für sie ideale Disziplin gefunden. Bei den großen 10.000-m-Finals war sie zuletzt meist die Läuferin, die für das Tempo gesorgt hatte, aber am Ende ohne Medaille dastand. Vierte war Paula Radcliffe bei der WM 2001, Vierte war sie auch bei Olympia 2000. Auf der Bahn ist sie die Afrikanerinnen über 10.000 m nicht los geworden, auf den Straßen von London war das trotz eines kraftraubenden Alleinganges anders.


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